Welche Blickrichtung haben wir?!
Zunächst möchte ich fragen: Wohin richtet sich unser Blick? Auf die eigene Kraft, die wenigen Möglichkeiten die vorhanden sind, die eigene Schwachheit oder die Gemeindegröße? Wie gehen wir mit den anvertrauten Gaben und Fähigkeiten um? Richten wir unsere Blicke nach vorn oder betrauern wir ständig die Vergangenheit? Es gibt drei Blickrichtungen, die unser Leben bestimmen können.
Jede dieser Blickrichtungen hat seine positive aber auch negative Seite. Wohin wir unseren Blick richten wird unsere Aufmerksamkeit beanspruchen und uns in gewisser Weise bestimmen!
Da gibt es zuerst einmal den Blick nach innen. Dieser Blick kann in einer Gemeinde oder beim Gläubigen zur Selbstbeschäftigung oder Selbstkontrolle führen. Die Jünger von Jesus waren nicht nur einmal mit sich selbst als Gruppe beschäftigt. So kam die Frage unter ihnen auf, wer wohl der Größte unter ihnen sei (Lk 9,46). Jesus versucht sie aus der Selbstbeschäftigung zu holen, indem er von der Größe eines Dieners spricht. Nach der Kreuzigung von Jesus waren die Jünger voller Angst (Joh 20,19-23). Jesus spricht ihnen seinen Frieden zu, um sie aus der Selbstbeschäftigung und ihrer Angst zu holen. Er macht ihnen mit seinen Worten “Friede sei mit euch” klar, dass es nicht so sehr um den Fortbestand der Jüngerschar (Gemeinde) geht, sondern eine Aufgabe auf sie wartet: seine Sendung (Mt 28,18-20).
Dann gibt es noch den Blick nach außen bzw. über den „Tellerrand“. Das kann natürlich auch einseitig zu Aktionismus oder Ablenkung von den eigenen Problemen führen. Jesus lenkt den Blick seiner Jünger in (Mt 9,35-38) auf die Not der Menschen. Jesus sah die Not und Hilflosigkeit der Menschen und er sah ihre Orientierungslosigkeit. Sahen es die Jünger auch? Behutsam richtet er ihren Blick nach außen, um die Situation wahr zu nehmen. So macht er seine Jünger für diese neue Aufgabe sensibel. Jesus beauftragt an dieser Stelle seine Jünger nicht sofort loszuziehen und die „Ernte“ einzubringen. Er richtet ihren Blick nach außen auf die Not und fordert zum Gebet auf. Die Jünger sollen die eigene Hilflosigkeit (Blick nach innen) im Angesicht der großen Herausforderung (Blick nach außen) sehen und erkennen.
Schließlich gibt es noch den Blick nach oben. Dieser Blick kann sich einseitig nur auf die Zukunftserwartungen (Wiederkunft von Jesus) oder auf das eigene Sicherheitsbedürfnis beschränken. In seinen Endzeitreden spricht Jesus von seinem Kommen und vom Ende der Welt. Er sagt, dass es zu allen Zeiten Krieg, Hunger, Elend, Krankheiten und viele andere schlimme Ereignisse geben wird, bevor er wiederkommt. Das Zeichen seiner Wiederkunft ist aber die Verkündigung des Evangeliums auf der ganzen Welt (Mt 24,14). Deshalb brauchen wir uns nicht zu fürchten vor dem, was noch kommen wird. Für uns Christen gibt es nur eine Sicherheit und die ist bei unserem Gott. Der Blick nach außen steht im Zusammenhang mit dem Blick nach oben. Der Blick nach oben ist notwendig und wichtig, damit wir nicht in einen kopflosen Aktionismus hinein kommen. An anderer Stelle sagt Jesus zu seinen Jüngern, dass sie wachen und beten sollten, um nicht in Anfechtung zu fallen. Im Gebet konzentrieren wir uns auf Jesus, seine Worte und sein Reden zu uns. Der Blick nach oben führt in die Freiheit und zur inneren Sicherheit.
Der Blick nach innen kann für Christen wertvoll und wichtig sein, wenn es um die persönliche Beziehung zu Jesus und zu anderen Menschen geht. Er kann aber auch behindernd sein, zur Abgrenzung zu anderen Menschen oder zur Isolation führen. Wenn wir uns als Gemeinde selbst genug sind und es uns nur noch um das eigene Seelenheil geht, dann haben wir unseren Herrn noch nicht verstanden. Jesus möchte den Blick von uns selbst weg, hin zur Not der Menschen um uns, wenden. Das Bild von der Sendung der Schafe mitten unter die Wölfe zeigt uns wohin der Blick gehen sollte, wenn man als Nachfolger von Jesus überleben will. Der Blick nach außen beinhaltet gleichzeitig den Blick nach oben. Wenn uns Jesus einen Auftrag gibt, er uns sendet, dann ist er mit uns und will durch uns wirken. Jesus ist uns darin ein großes Vorbild. Sein Blick nach außen (die Rettung der Menschen) stand immer in Beziehung zum Blick nach oben (Beziehung zum himmlischen Vater).
Jürgen Giese
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.